Aufrechterhaltung der internationalen Gerichtsbarkeit: Die Notwendigkeit der Unterstützung des IStGH und des IGH im Krieg zwischen Hamas und Israel.
Es ist höchste Zeit, dass wir in der EU eine Stimme finden: eine Stimme, die das Völkerrecht verteidigt, eine Stimme des Mitgefühls für das Leid auf beiden Seiten und eine Stimme, die helfen kann, Brücken zu bauen, wo alle Brücken zerstört zu sein scheinen.
Als europäische Staatengemeinschaft haben wir die historisch begründete politische Verantwortung, die Weichen für eine dauerhafte friedliche Lösung des Nahostkonflikts zu stellen. Wir müssen uns zum Existenzrecht Israels ebenso bekennen wie zum Recht des palästinensischen Volkes auf Selbstbestimmung und einen eigenen lebensfähigen Staat. Eine friedliche Zweistaatenlösung ist jedoch nur ohne Einbindung extremistischer Ideologien möglich. Die Terrororganisation Hamas und ihre Ideologie dürfen daher in keinem Zukunftsszenario eine Rolle spielen.
Um den ersten Schritt auf dem Weg zu einer langfristigen Lösung gehen zu können, ist angesichts der akuten Krise vor Ort jedoch konkretes und schnelles Handeln dringend erforderlich. Ziel muss es sein, der palästinensischen Bevölkerung in Gaza die dringend benötigte und umfassende humanitäre Hilfe zukommen zu lassen, eine sofortige Einstellung der Kampfhandlungen und die sofortige und bedingungslose Freilassung der israelischen Geiseln zu erreichen.
Die EU und ihre Mitgliedstaaten müssen jedwede Entwicklung in eine solche Richtung unbedingt unterstützen. Dazu gehört auch, den Zivilgesellschaften in Israel und den palästinensischen Gebieten in Europa Gehör zu verschaffen, ihre Vielfalt anzuerkennen und die vielen inspirierenden Initiativen von Israelis und Palästinensern zu unterstützen, die sich für Dialog und friedliche Koexistenz einsetzen. Dazu gehört auch der Einsatz für die Achtung und Einhaltung des Völkerrechts.
Die jüngste Entscheidung des Chefanklägers des IStGH, Haftbefehle gegen prominente israelische Regierungsmitglieder und Hamas-Führer zu beantragen, ist ein wichtiger Schritt bei der Aufklärung mutmaßlicher Kriegsverbrechen im laufenden Krieg. Die Aufforderung des IGH an Israel „to immediately halt its military offensive, and any other action in the Rafah Governorate, which may inflict on the Palestinian group in Gaza conditions of life that could bring about its physical destruction in whole or in part.” (Originaltext), ungeachtet vermeintlicher oder tatsächlicher Unklarheiten in diesem rechtlich bindenden Text, ist ein wichtiger Schritt zum Schutz und zur Verbesserung der inakzeptablen Situation der Zivilbevölkerung in Gaza.
Das Ersuchen des Chefanklägers des IStGH um Haftbefehle stellt keine moralische oder politische Gleichsetzung der Terrororganisation Hamas mit der demokratisch gewählten israelischen Regierung dar. Eine solche moralische und politische Gleichsetzung gibt es nicht. Die Fahndungsersuchen beziehen sich auf bestimmte, mutmaßlich von bestimmten Personen begangene Verbrechen und deren spezifische Rechtsfolgen, die dem IStGH durch das Römische Statut des Internationalen Strafgerichtshofs übertragen wurden. Die Vermischung von Rechtsnormen mit politischer Äquivalenz geht gefährlich an der Sache vorbei: Das Völkerrecht unterscheidet hier nicht.
Die Verfahren und Prozesse des IStGH und des IGH sind für die Aufrechterhaltung des Völkerrechts von entscheidender Bedeutung. Insbesondere Kriegszeiten sind Zeiten der Erosion von Rechtsnormen. Jeder Versuch, die Unabhängigkeit der internationalen Gerichte zu untergraben, bedroht daher die Struktur des Völkerrechts, das kohärent und universell angewandt werden muss.
In diesem Sinne sind der IStGH und der IGH Grundpfeiler einer Welt, die auf universellen Rechtsnormen beruht und in der die Menschenrechte weltweit geachtet werden. Sie können jedoch weder die zugrundeliegenden politischen Konflikte lösen noch ihre Urteile durchsetzen. Wir fordern daher die EU auf, den notwendigen Druck auf die israelische Regierung auszuüben, damit sie den Anordnungen des IGH uneingeschränkt Folge leistet. Alle Militäraktionen, die den Anordnungen des IGHs zuwiderlaufen, müssen eingestellt werden. Die EU muss in Wort und Tat deutlich machen, dass die Unterstützung der legitimen Wünsche und Bedürfnisse der israelischen Bevölkerung nicht gleichbedeutend ist mit der Akzeptanz des unverantwortlichen Handelns der israelischen Regierung. Wir fordern die EU und ihre Mitgliedsstaaten auf, ihre volle Verantwortung für die Einhaltung des Völkerrechts wahrzunehmen.
Es ist höchste Zeit, dass wir in der EU eine Stimme finden: eine Stimme, die das Völkerrecht verteidigt, eine Stimme des Mitgefühls für das Leid auf beiden Seiten und eine Stimme, die helfen kann, Brücken zu bauen, wo alle Brücken zerstört zu sein scheinen.
*Hinweis: Dieses Statement basiert auf dem von Volt Europa veröffentlichten Statement vom 25. Mai.