Migrationsgipfel auf der Zugspitze: Wo die EU-Migrationspolitik im exklusiven Kreis bestimmt wird
Symbolpolitik unter 12 Augen ersetzt keine faire und solidarische EU-Migrationspolitik.

Innenminister Dobrindt hat sich heute mit seinen Amtskolleg*innen aus Frankreich, Polen, Österreich, Dänemark und Tschechien auf der Zugspitze getroffen, mit einem Ziel: die Neuordnung der europäischen Migrationspolitik.
Schon morgens in der Sommerpressekonferenz machte Merz deutlich: Bei der EU-Migrationspolitik geht es für die Bundesregierung um Begrenzung und Zurückweisung. Mit Maßnahmen wie die Einschränkung des Familiennachzuges und die Verlangsamung der Einbürgerungen erschwert die Bundesregierung die Integration von Migrant*innen zunehmend. Diese Politik treibt einen weiteren Keil zwischen Schutzsuchenden und ihre Zukunftsperspektiven in Europa.
Das heutige Gipfel-Treffen höhlt zentrale, europäische Werte und menschenrechtliche Standards weiter aus. Statt Migration als Realität und Chance zu begreifen, bewirkt die Zugspitz-Erklärung vor allem eins: Sie macht Angst vor einer angeblichen Bedrohung und geht an Lösungen vorbei.
“Die Zugspitze als Symbol internationaler Begegnung wird heute zum Ort abgehobener Hinterzimmerpolitik: Während in dünner Gipfelluft über verstärkte Abschottung entschieden wird, bestätigt der ‘Asyl-Gipfel’ die harte Linie der Bundesregierung - von Abschiebungen nach Afghanistan bis zu innereuropäischen Grenzkontrollen. Wo ist die europäische Zusammenarbeit und Verantwortung? Es braucht ein faires Asylsystem, das Menschenrechte und Schutz ins Zentrum stellt, nicht fragwürdige Drittstaaten-Deals auf Kosten Geflüchteter.”, so die Einschätzung von Alast Mojtahed Najafi, Bundesvorsitzende*r von Volt Deutschland.
Worum es wirklich ging - die fünf zentralen Punkte der Zugspitz-Erklärung:
“Die Migrationsreform fit für die Zukunft machen”
Die Erklärung setzt auf effizientere Verfahren, mehr Grenzsicherung, mehr EU-Finanzierung - und eine Drittstaatenlösung, die vorsieht, dass Betroffene in neue “sichere Länder” abgeschoben werden, selbst wenn keine persönliche Verbindung der Betroffenen zu dem entsprechenden Land besteht.
Volt unterstützt effiziente und schnelle Verfahren. Nur so kann für Betroffene eine Zukunftsperspektive entstehen. Effizienz darf aber nicht auf Kosten von Menschenrechte gehen. Drittstaatenmodelle und die Einschränkung von Zugang zu rechtlicher Beratung sowie Verfahrensaufschiebung nehmen Betroffenen den Schutz weg.“Maßnahmen gegen Schleuserkriminalität und Menschenhandel intensivieren”
Die EU soll koordinierter gegen Schleuserkriminalität und Menschenhandel vorgehen: Mehr Datenaustausch und eine verstärkte internationale Polizeikooperation - auch mit Drittstaaten - sollen Schleusernetzwerke bekämpfen. Im Fokus steht die Prävention und Verfolgung illegaler Finanzflüsse von Schleusern.
Volt sagt: Menschenhandel und Schleuseraktivitäten müssen bekämpft werden - aber nicht durch die generelle Kriminalisierung von Migration. Legale und sichere Einreisewege und echte humanitäre Alternativen müssen gestärkt werden, damit Menschen Schutz und Perspektive erhalten.“Rückführungen konsequent umsetzen”
Abschiebungen in Krisenländer wie Afghanistan und Syrien sollen ermöglicht werden (was die Bundesregierung bereits umgesetzt hat). Eine zugewandte Visa-, Handels- und Entwicklungspolitik soll Drittstaaten als Anreiz zur Zusammenarbeit dienen.
Für Volt sind Abschiebungen in aktive Kriegs- und Krisenländer, wie Afghanistan und Syrien, unvereinbar mit internationalem Recht! Visa- und Handelsanreize als Druckmittel sind bloße Fassaden. Sie widersprechen einer wertebasierten EU-Außenpolitik und unterlaufen die Rechte und den Schutz der Betroffenen.“Die Außengrenzen der Europäischen Union schützen”
Die EU soll auf mehr Überwachung, Datenerfassung und Sicherung der Außengrenzen setzen. Migrationsbewegungen, insbesondere aus Belarus und Russland, werden als Bedrohung betont.
Volt stellt klar: Grenzschutz und europäische Sicherheit sind wichtig. Doch sie dürfen niemals als Rechtfertigung für Pushbacks und völkerrechtswidriges Vorgehen auf Kosten Schutzsuchender dienen.
“Strategische Partnerschaften mit Drittstaaten aufbauen”
Die Zusammenarbeit mit Herkunfts- und Transitländern soll vertieft werden, sodass Abschiebungen auch in bisher nicht zugelassenen Drittstaaten erfolgen können. Die Regelung, dass Betroffene nur in Länder abgeschoben werden dürfen, zu welchen sie eine persönliche Verbindung haben, soll gestrichen werden.
Volt betont: Eine wertegeleitete Migrationspolitik bedeutet, Verantwortung für Schutzsuchende zu übernehmen. Die EU darf diese Verantwortung nicht an autoritäre Regime auslagern, in denen der Schutz der Menschenrechte nicht gewährleistet werden kann. Schutz und Menschenwürde haben immer Vorrang.
Unser Fazit: Eine wirklich solidarische EU-Migrationspolitik kann nicht unter Ausschluss von 21 EU-Mitgliedstaaten stattfinden. Die aus dem Treffen hervorgehende Zugspitz-Erklärung ist mehr symbolpolitische Inszenierung auf dem Rücken von Menschen in Not, als Realpolitik. Tragfähige und realitätsnahe Antworten auf Migration, Flucht und Asyl bleiben aus, ebenso wie die dringend notwendige Berücksichtigung klimabedingter Fluchtursachen. Angesichts weltweit steigender klimatischer Risiken ist es unverantwortlich, diese Entwicklung politisch auszuklammern.
Wir brauchen keine Politik der Abschottung. Wir brauchen eine Politik der Verantwortung. Eine Politik, die europäische Werte ernst nimmt und Menschen in Not die Chance bietet, Teil Europas zu werden. In einer globalen Welt braucht es Zusammenarbeit auf Augenhöhe – keine neuen Grenzen.