Energiewende
Die Energiewende bezeichnet den Übergang von der Energiegewinnung aus fossilen Brennstoffen hin zu Erneuerbaren Energien. Sie gehört zu den größten Herausforderungen einer wirksamen Klimapolitik. Die drei wichtigsten Energiesektoren in Potsdam, in denen CO2 durch die verstärkte Nutzung von Erneuerbarer Energie eingespart werden muss, sind Strom, Wärme und Mobilität.
Volt setzt auf eine dezentrale Energiewende. Die zentrale Produktion von grünem Strom durch große Windenergieanlagen und dessen Verteilung mittels Stromtrassen durchs ganze Land bringen Probleme mit sich (Schäden an der Meeresumwelt bei Offshore Anlagen, Flächenverbrauch, Naturzerschneidung, mangelnde Akzeptanz bei Windparks und Trassenführungen). Aus diesen Gründen muss die Energiewende auch in den Städten erfolgen.
Um Realisierung und Betrieb von Projekten zur Energiewende effizient und wirtschaftlich zu gestalten, ist auch das Eingehen von langfristigen Kooperationen zwischen der öffentlichen Hand und privaten Unternehmen denkbar. Ein mögliches Beispiel wäre die Umsetzung einer großen Solarthermieanlage in der Region.
Es braucht eine klare Kommunikation und Information seitens der Stadt rund um das Thema Energiewende. Nur wenn die Politik die Bürger*innen mitnehmen will, können sich diese mit der städtischen Energiewende identifizieren.
Strom — Erneuerbar
Ausbau der Solarenergie
In Städten besteht großes Potenzial für die Gewinnung von erneuerbarem Strom aus Solarenergie. Das Besondere in Potsdam ist, dass die Ausgangsbedingungen für Photovoltaik herausragend sind. Laut Otovo-Solarindex landet die Landeshauptstadt auf Platz 1 der Landkreise deutschlandweit mit stolzen 9,8 von 10 möglichen Punkten (eingeflossen sind Faktoren wie Sonnenstunden pro Jahr, Anzahl an Installationsbetrieben und das Preis-Leistungs-Verhältnis) . Wir kritisieren, dass die Stadtpolitik trotzdem so zögerlich ist und fordern, dieses Potenzial für die Potsdamer*innen und für den Klimaschutz zu nutzen.
Photovoltaik-Anlagen müssen vermehrt auf Dächer und Hausfassaden gebracht werden, um dieses große Potenzial der erneuerbaren Stromerzeugung auszuschöpfen. Wir wollen daher eine unbürokratische Solarpflicht für Neubauten umsetzen. Beispiele in Baden-Württemberg, Hamburg und Bremen zeigen, dass es möglich ist. Auch Bestandsgebäude sollen möglichst flächendeckend mit Photovoltaikanlagen ausgestattet werden. Dazu wollen wir unbürokratische Regelungen etablieren, um Solaranlagen auf Mietshäusern attraktiver zu machen.
Weitere mögliche Flächen für die Anbringung von Solaranlagen sind überdachte Parkplätze, Lärmschutzwände oder Seitenstreifen von großen Durchfahrtsstraßen. Besonders Erstere können eine sinnvolle Idee sein, da zusätzlich zum klimaneutralen Strom auch Schutz vor Regen und Unwetter aufgebaut und Schatten gespendet wird.
Von der Stadtverwaltung erwarten wir, mit gutem Beispiel voranzugehen. Das Potenzial von Photovoltaik-Anlagen auf Potsdamer Verwaltungsgebäuden und über städtischen Parkflächen ist bei Weitem nicht ausgeschöpft. Das wollen wir ändern. Wie könnte die Politik auch Anstrengungen der Bürger*innen bei der Energiewende einfordern, ohne selbst einen Anteil zu leisten?
Photovoltaikanlagen lassen sich gut mit der Begrünung von Dächern kombinieren, da die Begrünung zu einer kühleren Umgebung führt und die Photovoltaikanlagen bei niedrigerer Temperatur mehr Strom erzeugen.
Bürgerbeteiligung bei der Energiewende
Wir wollen Geschäfts- und Finanzierungsmodelle verstärkt nutzen, bei denen sich die Bürger*innen an der lokalen Energiewende beteiligen. Gerade Solaranlagen eignen sich für eine private Finanzierung (siehe Best Practices). Wir werden mit bestehenden Energiegenossenschaften zusammenarbeiten und deren Neugründung fördern. Auch die Finanzierung von Windkraftanlagen in der Region unter Einbeziehung der Bürger*innen ist denkbar. Langfristig sind solche Anlagen ein Gewinn fürs Klima und das Portemonnaie der Potsdamer*innen.
Intelligente Stromnetze
Smart Grids bzw. intelligente Stromnetze übernehmen die gezielte Steuerung zwischen Stromerzeugenden, Stromverbrauchenden und Stromspeichern. Ergänzt durch Micro Grids helfen sie, lokal produzierten Strom intelligent zu verteilen, zu speichern und nicht benötigte Erzeugungsanlagen abzuschalten. Ein wichtiger Baustein hierfür sind auch privat betriebene Erzeugungs- und Speicheranlagen sowie perspektivisch auch E-Autos als Stromspeicher. Durch die aktuellen politischen Rahmenbedingungen ist die regionale Stromvermarktung und Nutzung von Speicherkapazitäten nicht möglich, der Strom wird stattdessen an der Strombörse verkauft. Dieser Prozess ist für Hauseigentümer sehr aufwendig und oft ein ausschlaggebendes Kriterium, nicht in eine EEG-Anlage zu investieren.
Volt Potsdam fordert daher den schnelleren Ausbau intelligenter Messsysteme, die wesentlicher Bestandteil der Smart Grids sind. Zusätzlich soll nach Möglichkeiten zum Aufbau regionaler, smarter Micro Grids zur regionalen Energievermarktung und Speicherung gesucht werden, um so Investitionen in EEG-Anlagen attraktiver zu machen. Damit können wir Potsdam zum Vorreiter der Energiewende machen.
Senkung des Stromverbrauchs
Für eine erfolgreiche Energiewende muss der Stromverbrauch sinken. Straßenbeleuchtung wollen wir mit Bewegungssensoren ausstatten, damit sie nicht durchgehend leuchtet (siehe dazu den Abschnitt zum Fußverkehr dieses Programms). Wir wollen mit Anreizen und Informationskampagnen darauf hinwirken, dass im privaten Raum der Stromverbrauch gesenkt und in Geschäften und Gewerbegebäuden nachts die Lichter ausgeschaltet werden.
Energetische Sanierungen
Für geringeren Energieverbrauch müssen mehr Gebäude in Potsdam energetisch saniert werden. Wir wollen insbesondere die Gebäude in städtischer Hand sanieren. Daneben wolle wir das Warmmietenmodell in Potsdam etablieren. Wenn Sanierungsausgaben zu Energieeinsparungen führen, sollen sie auf die Kaltmiete aufgeschlagen werden dürfen, solange die Warmmiete nicht steigt. Dadurch entsteht für Vermieter*innen auch ein finanzieller Anreiz zur Sanierung ihrer Wohnungen.
Wärme — erneuerbar
Im Wärmesektor liegt großes Potenzial zur Einsparung von CO2-Emissionen.
Geothermieanlage für Potsdam
Im letzten Jahr stellten die EWP (Stadtwerke Potsdam) die erste Tiefengeothermie-Bohrung der Gegend fertig. Bei dieser Methode wird Erdwärme in einer Tiefe von über 400m - in diesem Fall knapp 2.000m - als Wärmeenergie zum Heizen verfügbar gemacht. Die Bohrung war so erfolgreich, dass nicht nur die erhofften knapp 2 Megawatt erreicht wurden, sondern über 4 Megawatt. Das ist laut EWP genug Wärme für bis zu 5.000 durchschnittliche Potsdamer Haushalte.
Wir begrüßen den Erfolg der Bohrung und loben den Mut der EWP, dieser neuen Art der Wärmeversorgung in unserer Region eine Chance gegeben zu haben. Solche mutigen Entscheidungen tragen dazu bei, dass wir eines Tages komplett klimaneutral werden. Dazu fordern wir weitere Geothermieprojekte in der Landeshauptstadt, die uns schnellstmöglich auf null Emissionen bringen.
Schnelle Verwaltungsverfahren
Als Hauptherausforderung der Wärmewende wird oft der bürokratische Aufwand und die langen Genehmigungsverfahren genannt. Einige dieser sind auf Landes- oder Bundesebene angesiedelt - wie bspw. die Beantragung von Fördermitteln. Wir wollen uns dabei bilateral für eine Beschleunigung einsetzen. Alle nötigen Behördengänge für Wärmeprojekte (bspw. auch private Wärmepumpen), die in der Landeshauptstadt angesiedelt sind, sollen schnellstmöglich auf das Bürgerserviceportal überführt und insgesamt digitalisiert werden. Wir setzen uns für schnelle und unbürokratischere Antragsverfahren ein, Details dazu im Verwaltungskapitel.
Bau einer Solarthermie-Anlage
Eine weitere mögliche Technologie zur Deckung des Wärmebedarfs ist die Solarthermie. Dabei speichern Kollektoren die auftreffende Sonnenenergie und speisen sie ins Fernwärmenetz ein. Vereinfacht gesagt wärmt die Sonne einen Energieträger auf und diese Wärme wird dann genutzt. Für die Nutzung im großen Stil wären entsprechende Flächen erforderlich, welche Stadt und Region finden und bereitstellen müssen. Der Bau einer ersten größeren Anlage sollte möglichst schnell geprüft werden, auch um Erfahrungen mit dieser Technologie zu sammeln.
Förderung von Wärmepumpen
Für die Senkung des CO2-Ausstosses in Gebäude- und Industriesektor wollen wir den Zubau von Wärmepumpen durch finanzielle Förderung beschleunigen. Eine Wärmepumpe wandelt Energie aus der Umwelt in Wärme um.
Sektorenkopplung — vernetzbar
Unterstützend kann durch die Sektorenkopplung mittels PowertoX-Verfahren überschüssiger Strom aus erneuerbaren Energien (in Zeiten von hoher Stromerzeugung und geringer Stromnutzung) ein sinnvoller Ausgleich zwischen den Energiesektoren gewährleistet werden und somit die Wärme- und Stromerzeugung sowie Mobilität vernetzt werden. PowertoX-Verfahren bezeichnet verschiedene Technologien zur Speicherung und Umwandlung und damit anderweitigen Nutzung von Stromüberschüssen in Zeiten eines Überangebotes variabler erneuerbarer Energien (Power-to-Heat, Power-to-Gas, Power-to-Power). Dies wird im Potsdamer Heizkraftwerk Süd bereits genutzt. Wir von Volt wollen uns für eine verstärkte Einsetzung/ Erweiterung dieser Infrastruktur einsetzen.
Mobilität — wandelbar
Für Einsparungen im Verkehrssektor wollen wir den Autoverkehr in Stadt und Region senken. Dazu wollen wir u.a. die Anzahl der Parkplätze senken, autoarme Zonen fördern, den ÖPNV und die Fahrradinfrastruktur ausbauen und Carsharing sowie Park & Ride attraktiver machen. Mehr dazu in unserem Kapitel zur Mobilität.
Best Practices
Finanzierungsmodelle in Wien und Salzburg
In Wien werden seit Jahren Photovoltaikanlagen auf Dächern gebaut, an denen sich Private ab einem Beitrag von 950 Euro beteiligen können. Die Anteile sind mit 5% verzinst und sehr nachgefragt. Ähnlich sieht es in Salzburg aus, wo Bürger*innensolaranlagen auf Bahnhöfen, Werkheimen und Zentrallagern errichtet werden, die in kurzer Zeit ausverkauft sind.
Bottrop
In Bottrop wird das Warmmietenmodell angewandt. In der Stadt werden jährlich 3% aller Häuser energetisch saniert - im Bundesdurchschnitt ist es weniger als 1%.