Ein attraktiver ÖPNV als zentrales Element der Mobilität
Der öffentliche Personennahverkehr stellt für viele Berliner*innen und Brandenburger*innen immer noch keine Alternative zum eigenen PKW dar. Vor allem die eingeschränkte Einbindung der Außenbezirke und des Umlands, die grobe Taktung von mehr als 10 Minuten, die eingeschränkte Sicherheit und mangelhafte Sauberkeit sowie das unzureichende Nachtangebot werden immer wieder als Gründe genannt. Hier gilt es Abhilfe zu schaffen.
Der Berliner ÖPNV ist dann attraktiv, wenn wir uns keine Gedanken mehr machen müssen, wie wir zu einer beliebigen Zeit sicher, bequem, günstig und angemessen schnell an unser Wunschziel kommen.
Ausbau der ÖPNV-Infrastruktur
Um die angestrebte zunehmende Nutzung des ÖPNV stemmen zu können, muss die entsprechende Infrastruktur bei allen dazugehörigen Verkehrsmitteln in der Breite nachhaltig ausgebaut werden. Dabei werden die jeweiligen Verkehrsmittel ihren Stärken entsprechend eingesetzt. Das heißt konkret:
Wir streben für den gesamten ÖPNV einen flächendeckenden Zehn-Minuten-Takt an. Bei besonders hoher Auslastung, wie zum Beispiel im Berufsverkehr, ist das Ziel ein Takt von unter fünf Minuten.
Die verschiedenen ÖPNV-Netze müssen synergetisch mit besonderem Fokus auf der engmaschige Anbindung der Außenbezirke sowie den Projektabschluss bis 2025 erweitert werden.
Soweit Machbarkeits- und Kosten-Nutzen-Analysen dies empfehlen, werden auch längerfristige Projekte wie der Ausbau von U-Bahnen angestoßen – für die Stadt der zukünftigen Generationen.
Um die Verfahren bis zum ersten Spatenstich zu beschleunigen, schaffen wir mehr Stellen für qualifiziertes Personal und treiben die Optimierung der Prozesse voran, zum Beispiel durch Einführung einer digitalen Bauakte.
Wir setzen uns für eine Verbesserung des Nachtangebots unter anderem durch Rufbusse ein, um das Mobilitätsangebot nicht nur für nächtliche Clubbesuche, sondern vor allem auch für Schichtarbeitende zu verbessern, damit jede*r sicher nach Hause kommt.
Bei bestehenden ÖPNV-Verbindungen sollen an Bahnhöfen, Tram- und Busstationen sowie in den Verkehrsmitteln das Sicherheitsgefühl der Nutzer*innen und die Sauberkeit der Verkehrsmittel erhöht werden. Dies erreichen wir durch die vermehrte Präsenz von Sicherheitspersonal, Informationskampagnen und ein app-basiertes, interaktives Meldesystems (siehe Kapitel Verbesserung des ÖPNV durch Digitalisierung).
Bessere Anbindung des Berliner Umlandes
Täglich pendeln große Teile der 300.000 Berufstätigen aus dem Berliner Umland mit dem Auto in die Innenstadt. Dies erhöht zwangsläufig die Staugefahr, den Raumbedarf für Parkplätze sowie die Umwelt- und Klimabelastung. Um dies zu reduzieren, werden wir die bessere Anbindung des Berliner Umlandes in eng verzahnter Kooperation mit Brandenburg vorantreiben. Das heißt konkret:
die Schaffung eines Rufbus-Angebots, insbesondere zu Berufsverkehrszeiten, zwischen den brandenburger Wohnorten im Umland und der jeweils nächsten Haltestelle von U-, S- oder Regionalbahn
eine Machbarkeitsprüfung inklusive Auslastungsprognose für einen „Ring”-Verkehrsbetrieb auf dem Berliner Außenring, z. B. zwischen Ludwigsfelde bis Karow West. Hier soll insbesondere das künftige Wachstum der Stadt berücksichtigt werden.
die zügige Umsetzung der bereits geplanten Teilprojekte von i2030[1] zum Ausbau der Schieneninfrastruktur der Hauptstadtregion
Klimaschutz in den 2020ern durch schnellen Ausbau des Busnetzes
Im Gegensatz zu Tram-, S- oder U-Bahnen kann der Ausbau des Busnetzes ein kurzfristig umsetzbarer Ansatz zur klimaschonenden Verbesserung der Attraktivität des ÖPNV darstellen. Dafür muss der Fokus auf E-Bussen – sowie Bussen mit anderen klimaneutralen, emissionsarmen Antriebstechniken liegen. Solche Busse werden zu einer bedeutsamen Reduktion der CO₂-Emissionen im Berliner Verkehr bis 2030 beitragen. Damit sind sie ein wichtiger Faktor zur Einhaltung der Pariser Klimaziele. Langfristig soll ein möglichst großer Anteil des ÖPNV vom Asphalt auf die ökonomisch und ökologisch sinnvollere Schiene verlagert werden.
Konkret streben wir an:
Bereits vor 2030 soll Berlins Bus-Flotte vollständig auf rein klimaneutrale, emissionsarme Antriebe (z. B. mit Strom aus erneuerbaren Energien) umgestellt werden. Dies wollen wir auch mit einer Umrüstung von konventionellen Bussen erreichen.
Das Busnetz wird konsequent flächendeckend ausgebaut mit besonderem Fokus auf schnelle Expressbuslinien, enge Taktungen und hohe Verlässlichkeit. Das erreichen wir unter anderem durch die Schaffung von exklusiven Busfahrstreifen auf allen von Bussen genutzten mehrspurigen Straßen bzw. eigenen Busstraßen sowie der Vernetzung und Priorisierung von Bussen in einer intelligenten Ampelschaltung (siehe Abschnitt Kreuzungen). Dies erhöht auch den Fahrkomfort durch die Reduktion von Brems- und Beschleunigungsvorgängen und reduziert den Energieverbrauch.
Der Einsatz von umweltschonenden und abgasfreien Oberleitungs-Doppelgelenkbussen (DGB), wie sie bereits in Nantes im Einsatz sind, soll im Rahmen eines Pilotprojekts in Spandau[2] erprobt werden. Der Einsatz von DGBs kann zur Steigerung der Kapazität von stark ausgelasteten Buslinien auf das Niveau von Tramlinien genutzt werden.
Verbesserung des ÖPNV durch Digitalisierung
Der Berliner ÖPNV hinkt im internationalen Vergleich im Bereich der Digitalisierung gleich an mehreren Stellen deutlich hinterher. Unter anderem müssen Fahrkarten in starren Tarifen gekauft werden und jeder Bus und jede Bahn sind personen-gelenkt. Dabei werden entsprechende technologische Verbesserungen bereits in anderen europäischen Städten wie z. B. Kopenhagen oder auch Nürnberg erfolgreich angewendet.
Wir setzen uns daher für die folgenden Maßnahmen ein:
Wir streben die Einführung eines vollumfänglichen (((e-Tickets[3] inklusive eines kontaktlosen Check-In/-Out-Verfahrens und der automatischen Auswahl des günstigsten Tarifs an ─ basierend auf der VBB-fahrCard bzw. der Jelbi-App. Das Aufladen bzw. Abbuchen des (((e-Tickets soll dabei automatisch oder als Prepaid möglich sein. Auch Sharing-Angebote können so unkompliziert genutzt werden. Dies dient der Vorbereitung auf ein europaweit einheitliches (((e-Ticket, mit dem in Berlin wie in Barcelona gefahren werden kann.
Wir setzen uns für eine zentrale „Mobilitäts-App für Berlin” (z. B. Jelbi) ein, in der die bisherigen Funktionen zusammengeführt und um weitere Aspekte wie eine Live-Karte oder auch ein interaktives Meldesystem für Missstände erweitert werden. Die App soll dabei auf Open Source setzen und Daten anonymisiert verfügbar machen (siehe Digitalisierung – Open Data).
Wir befürworten die zügige Einführung von autonomen U-Bahnen auf geeigneten Linien wie zum Beispiel der U5 und U8. Dies ermöglicht eine Taktung der Züge auf unter zwei Minuten und erlaubt die flexible Reaktion auf Änderungen der Fahrgastzahlen im Tagesverlauf und bei Sonderereignissen. Um die Beeinträchtigung der ÖPNV-Nutzer*innen möglichst gering zu halten, soll die Umstellung im laufenden Betrieb nach Nürnberger Vorbild umgesetzt werden. Dem Fahrpersonal kann genau wie dort sozialverträglich eine Umschulung auf andere Verkehrsmittel bzw. zur Fahrgast- und Bahnhofsbetreuung angeboten werden.
Die Forschungs- und Pilotprojekte im Bereich autonom fahrender Kleinbusse wie „Shuttles & Co” in Tegel wollen wir mit Blick auf On-Demand-Services wie auch den Berlkönig intensivieren (siehe Abschnitt Anbindung Umland), da diese bei stark schwankender Nachfrage über den Tagesverlauf effizienter betrieben werden können als Busse mit Fahrpersonal. Aus denselben Gründen soll die Technologie mittelfristig auch auf Busse und Trams erweitert werden.