Offener Brief an die Oberbürgermeisterin Henriette Reker

Offener Brief und Aufforderung an unsere Oberbürgermeisterin, sich auf Bundesebene dafür einzusetzen, schwerverletzte Kinder aus Gaza zu evakuieren!

18. Aug 2025
Gaza

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Reker,

mit großer Sorge verfolgen wir die humanitäre Katastrophe im Gazastreifen. Vor dieser Entwicklung hat das Welternährungsprogramm (WFP) seit Monaten mit erschütternder Klarheit gewarnt, nun ist der viel beschworene „Point of no Return“ erreicht.

Die dramatische Lage in Gaza und Israel bewegt nicht nur die Weltgemeinschaft, sondern beschäftigt auch Köln und unsere Kommune zutiefst.

Die humanitäre Not trifft vor allem die Schwächsten: Kinder. Gaza ist zu großen Teilen zerstört, kaum ein Krankenhaus funktionsfähig. Medizinisches Personal arbeitet erschöpft, ausgehungert und ohne ausreichende Ressourcen. Ärzte ohne Grenzen berichten, dass selbst das Personal oft nur einmal täglich essen kann. Viele Kinder liegen mit schweren Verletzungen auf dem Boden provisorischer Behandlungsräume, Operationen finden häufig ohne Narkose oder Schmerzmittel statt. UNICEF warnt, dass Hunderttausende Kinder, besonders unter Fünfjährige, akut mangelernährt sind. Nach offiziellen Angaben wurden in Gaza bereits rund 50.000 Kinder durch israelische Angriffe getötet oder verwundet.

Köln und Deutschland dürfen hier nicht länger wegsehen. Wir haben Erfahrungen bei humanitären Evakuierungen, etwa aus der Ukraine oder bei jesidischen Kindern. Wir sollten diese nutzen, um schwerverletzten Kindern aus Gaza jetzt zu helfen.

Im vergangenen Jahr erklärten sich bereits bundesweit rund 40 medizinische Einrichtungen, darunter Kliniken und Fachabteilungen, bereit, verletzte Kinder aus Gaza unentgeltlich zu behandeln. Beteiligt waren u. a. die Refugees Foundation in Köln, die Deutsche Gesellschaft für Plastische Chirurgie und engagierte Ärzt:innen wie Dr. André Borsche, die über 30 Kliniken mobilisierten.

Es scheiterte damals nicht an Kapazitäten oder Finanzierung, sondern an der politischen Entscheidung: In fast allen Fällen wurden die notwendigen humanitären Visa verweigert.

Köln steht für Vielfalt, Respekt und gelebte Solidarität. Werte, die auch Volt als paneuropäische Bewegung leiten. Diese Haltung verpflichtet uns, in Zeiten internationaler Krisen Verantwortung zu übernehmen, wie jetzt bei der Aufnahme und medizinischen Versorgung verletzter Kinder aus Gaza.

Fakten und Argumente

  1. Humanitäre Verantwortung

    • Kinder sind nach humanitärem Völkerrecht besonders geschützt (Art. 38 UN-Kinderrechtskonvention, Genfer Konventionen).

    • Medizinische sowie psychologische Hilfe für verletzte Minderjährige ist kein politisches Statement, sondern eine universelle Pflicht der Menschlichkeit.

  2. Dringlichkeit der Situation

    • Operationen finden oft ohne Schmerzmittel oder Narkose statt.

    • Viele Kinder sind ausgehungert oder tagelang ohne Nahrung.

    • Fehlende Versorgung bedeutet lebenslange Behinderung oder den Tod.

    • Die medizinische Infrastruktur in Gaza wurde größtenteils zerstört.

  3. Machbarkeit

    • Deutschland hat Erfahrung mit Evakuierungen verletzter Kinder.

    • Spanien, Italien und Norwegen haben bereits verletzte Kinder aus Gaza aufgenommen; Großbritannien hat Hilfe angekündigt.

  4. Kapazitäten in Köln und Deutschland

    • Köln verfügt mit dem Universitätsklinikum und dem Kinderkrankenhaus Amsterdamer Straße über hochspezialisierte Behandlungsmöglichkeiten.

    • Bundesweit bestehen Strukturen für die Versorgung kriegsverletzter Kinder.

  5. Initiative aus Hannover

    • Hannover, Kiel, Düsseldorf, Bonn und Leipzig haben ihre Bereitschaft erklärt und fordern vom Bund klare Strukturen.

    • Köln sollte sich anschließen und Teil eines starken kommunalen Signals werden.

  6. Rechtliche Grundlage

    • § 22 Satz 2 AufenthG: Aufnahme aus dringenden humanitären Gründen möglich – auch auf kommunale oder Landesinitiative.

    • § 23 Abs. 1 AufenthG: Aufnahmeprogramme der Länder in Abstimmung mit dem Bund.

Unsere Bitte:

  • Positionieren Sie Köln klar für die Aufnahme verletzter Kinder aus Gaza.

  • Schließen Sie sich dem bestehenden Städtebündnis an.

  • Setzen Sie sich beim Bund für humanitäre Visa und geordnete Evakuierungsverfahren ein.

Wir fordern Sie kurzfristig auf, gemeinsam auf kommunaler sowie bundesweiter Ebene umgehend die Aufnahme verletzter Kinder aus Gaza zu ermöglichen und ihnen in Köln und anderen Städten Deutschlands die notwendige medizinische und psychologische Behandlung zukommen zu lassen. Neben der medizinischen Behandlung ist eine qualifizierte psychologische Betreuung in der Muttersprache der Kinder erforderlich, um Kriegs- und Verlusterfahrungen fachgerecht zu verarbeiten und Folgeschäden zu verhindern.

Jedes verletzte Kind verdient eine Chance auf Leben, Heilung und eine Zukunft. Köln und Deutschland können diese Chance geben. 

Mit freundlichen Grüßen

Volt Köln