Unser Redebeitrag zum ukrainischen Unabhängigkeitstag
24. August 2025
Geschätzte Ukrainerinnen und Ukrainer,
geschätzte Freunde der Ukraine,
liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter,
„Die Ukraine gibt es seit 1991“ – eine Aussage die täuscht.
Am 24. August 1991 erklärte das Parlament in Kyjiw die Unabhängigkeit der Ukraine von der zerfallenden Sowjetunion.
Ein historischer Schritt, der jahrhundertelange Hoffnungen erfüllte und die Ukraine endgültig als souveränen Staat auf der Landkarte Europas verankerte.
Und doch ist die Ukraine viel älter. Denn Unabhängigkeit ist weit mehr als ein juristisches Dokument, mehr als ein Eintrag in den Geschichtsbüchern und auch mehr als eine völkerrechtliche Urkunde.
Unabhängigkeit bedeutet:
eine eigene Kultur zu leben,
eine eigene Sprache zu sprechen,
Traditionen weiterzugeben
Und ebenso ein eigenes Geschichtsverständnis zu bewahren – frei von Verzerrung durch fremde Mächte.
Sie bedeutet, selbst über die Zukunft zu entscheiden und selbst zu bestimmen, welche Werte man lebt, trägt und einen definieren.
Und genau das feiern wir heute. Wir feiern die Stärke, den Mut, den Stolz und die Freiheit der Ukraine.
Dieser Tag ist ein Feiertag – er ist auch eine Erinnerung an das was war und gleichzeitig eine Mahnung.
Denn Unabhängigkeit ist keine Selbstverständlichkeit.
Sie muss errungen, geschätzt, bewahrt und verteidigt werden.
Die Geschichte der Ukraine lehrt uns dies auf dramatische Weise.
Über Jahrhunderte war das Land Ziel imperialistischer Herrschaft:
von den Mongolen und Tataren,
von Polen-Litauen und den Osmanen,
vom Russischen Reich,
und von der Habsburgermonarchie
Und doch leistete die Ukraine immer wieder Widerstand:
mit den Kosaken, welche ihre Hetmane frei wählten,
mit Bauernaufständen
und mit nationalen Bewegungen im 19. Jahrhundert.
Im 20. Jahrhundert wiederholte sich dieses Muster in grausamer Härte:
Nach der Oktoberrevolution wurde die kurzlebige Ukrainische Volksrepublik zwischen Deutschen, Bolschewiki, Polen und Weißen Armeen zerrissen.
Unter Stalin erlitt die Ukraine den Holodomor – den von Moskau herbeigeführten Hungermord der 1930er Jahre, dem sieben Millionen Ukrainer zum Opfer fielen.
Im Zweiten Weltkrieg wurde die Ukraine erneut zur Leidtragenden:
Erst durch die Verbrechen der nationalsozialistischen Besatzung, dann durch die Rückkehr der sowjetischen
Herrschaft.
Und selbst danach kämpfte die Ukrainische Aufstandsarmee noch jahrelang im Untergrund gegen die Rote Armee.
Und doch: Immer wieder stand die Ukraine auf:
1991, nach dem Zerfall der Sowjetunion, endlich unabhängig.
2004 in der Orangenen Revolution.
2013/14 auf dem Euromaidan.
Und seit 2014 im offenen Widerstand gegen die russische Aggression – von der Krim über den Donbass,
bis zum heutigen Verteidigungskrieg gegen eine imperialistische Vollinvasion Russlands.
Die Ukraine hat niemals aufgehört, für ihre Freiheit und Unabhängigkeit zu kämpfen.
Geben wir uns keinen Illusionen hin: Russland führt keinen „regionalen Konflikt“. Russland führt einen imperialistischen Vernichtungskrieg.
Angriffe auf Städte, Schulen, Kirchen und Krankenhäuser; die Verschleppung und systematische Entwurzelung von Kindern; Morde, Vergewaltigungen und Terror gegen die Zivilbevölkerung.
All dies sind keine Versehen, sondern gehören zur strategischen, genozidär-ausgerichteten Kriegsführung Russlands und zeigen das wahre Gesicht des Aggressors. Es ist ein Krieg gegen die Existenz und die Identität der Ukraine, aber auch ein Angriff auf die europäische Souveränität und die Werte, die wir in Europa vertreten und verteidigen müssen.
Wer glaubt, dass dieser Krieg endet, wenn die Ukraine fällt, täuscht sich gefährlich. Russische Propaganda spricht offen von zerstörten europäischen Hauptstädten, von Panzern, die bis an den Atlantik rollen. Das ist kein Theater. Es ist ein Versprechen.
Es ist der Fahrplan eines Regimes, das Expansion, Unterwerfung und Zerstörung zum Ziel hat.
Gerade wir in Deutschland sollten uns daran erinnern, was unsere eigene Geschichte uns lehrt: Ein faschistisches System lebt nicht nur von seinen Machthabern, sondern auch von der Zustimmung der Mehrheit. Wer heute so tut, als sei Russland nur das Problem weniger Eliten, der verkennt die Dimension.
Millionen Russinnen und Russen hören und sehen jeden Abend im Fernsehen, wie Generäle, Abgeordnete und Propagandisten die Zerstörung Europas fordern. Sie klatschen Beifall, wenn Atomschläge gegen London, Paris oder Berlin simuliert werden.
Das ist nicht Randmeinung – das ist Staatsdoktrin.
Darum sage ich es klar und unmissverständlich:
Wenn die Ukraine fällt, dann fällt nicht nur Kyjiw. Dann fällt das Bollwerk, das ganz Europa schützt.
Wer glaubt, dass Russland verhandeln möchte oder irgendwann stoppt, irrt gewaltig. Wer glaubt, dass es sich zufrieden gibt, wenn es die Ukraine verschluckt hat, irrt sich. Ein Sieg Russlands in der Ukraine wäre nicht das Ende, es wäre der Anfang. Der Anfang einer neuen imperialen Offensive, die weitere Europäische Länder ins Visier nimmt.
Das Ziel ist nicht verborgen. Es wird offen ausgesprochen. Russland will kein friedliches Nebeneinander. Russland will Expansion. Russland will Unterwerfung. Russland will Europa schwächen, spalten und beherrschen.
Darum müssen wir handeln. Statt die Ukraine zu belehren oder ihr die Hände zu binden, müssen wir ihre Entschlossenheit anerkennen und sie unterstützen – politisch, gesellschaftlich, finanziell und militärisch.
Denn die Ukraine verteidigt heute nicht nur sich selbst. Sie verteidigt Europa. Sie verteidigt unser aller Freiheit und Unabhängigkeit, die wir alle für selbstverständlich halten – bis sie bedroht ist. Sie kämpft für Europa, die Demokratie und die Würde des Menschen.
Liebe Anwesenden...
dieser Tag erinnert uns an das, was die Ukraine stark macht: ihre Entschlossenheit, ihre Opferbereitschaft und ihren unerschütterlichen Glauben an die Freiheit.
Wir alle können daraus lernen und Mut schöpfen. Wir alle können daraus Hoffnung gewinnen. Aber wir dürfen nicht vergessen:
Freiheit wird nie geschenkt. Freiheit wird erkämpft. Freiheit wird verteidigt. Freiheit wird bewahrt.
Пам’ятаємо. Перемагаємо.
Честь і слава воїнам України!
„Честь і слава героям!“
Честь і слава добровольцям!