Koalitionsvertrag von CDU und SPD ist ein Angriff auf die kommunale Demokratie
Der Entwurf des Koalitionsvertrags von SPD und CDU wurde veröffentlicht. Neben kritikwürdigen inhaltlichen Positionierungen offenbart der Entwurf auch ein fragwürdiges Demokratieverständnis der beiden Parteien.
"Verfassungsgerichte haben mehrfach und deutlich klargemacht, dass die Einführung von Sperrklauseln - also Prozenthürden - im Kommunalwahlrecht verfassungswidrig ist und nur unter ganz besonderen Bedingungen überhaupt in Betracht gezogen werden kann." - Kasimir Nimmerfroh, Vorsitzender von Volt Hessen
Wiesbaden, 15.12.2023 – Der Entwurf des Koalitionsvertrags von SPD und CDU wurde veröffentlicht. Neben kritikwürdigen inhaltlichen Positionierungen offenbart der Entwurf auch ein fragwürdiges Demokratieverständnis der beiden Parteien. So wird die Einführung einer Sperrklausel für die Kommunalparlamente angekündigt und der Wechsel zum D‘Hondt-Verfahren zur Vergabe der Sitze in Stadtverordnetenversammlungen. Beide Maßnahmen bevorteilen große Parteien. Volt sieht darin einen Angriff auf die kommunale Demokratie: “CDU und SPD versuchen ihren Kritikern in Kommunalparlamenten die Daseinsgrundlage zu nehmen. Der vorgeschobene Grund, dass politische Vielfalt die Handlungsfähigkeit einschränke, ist absurd: Volt ist in Hessen in Frankfurt, Darmstadt und in der Landeshauptstadt Wiesbaden an pragmatischen Regierungsbündnissen beteiligt”, kritisiert Martin Huber, Fraktionsvorsitzender von Volt im Römer, der Volt Fraktion in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung.
Kasimir Nimmerfroh merkt außerdem an: “Auch in NRW wurde 2017 die Sperrklausel für Stadt und Kreisräte durch den zuständigen Verfassungsgerichtshof gekippt. Es kann nicht sein, dass bei demokratischen Wahlen systematisch zahlreiche Wählerstimmen, die sich für neue und alternative Konzepte aussprechen, einfach ignoriert werden.”
Wahlen haben in parlamentarischen Demokratien auch die Funktion, dass sie verschiedene gesellschaftliche Strömungen in Parlamente einfließen lassen. Dieser integrative Charakter der Wahlen ist auch in gerichtlichen Entscheidungen gegen Hürden ein Faktor.
Die große Anzahl unterschiedlicher Parteien in den hessischen Kommunalparlamenten sowie parteiloser Bürgermeisterinnen und Bürgermeistern zeigt deutlich: Bürger*innen schätzen die demokratische Vielfalt und nutzen diese Möglichkeit, ihre Meinung im Parlament abzubilden.
Eileen O'Sullivan, Stadträtin in Frankfurt am Main sagt dazu: “Die Versuche der Koalition, den Wandel hin zu einer vielfältigeren politischen Landschaft mit Hilfe einer Prozenthürde zu ersticken, zeugen von einem Demokratieverständnis, das der Notwendigkeit, Identifikation mit- und Vertrauen zum Staat zu stärken, zuwiderläuft. Dass die Wahlergebnisse, und damit der Ausdruck der Bedürfnisse der Bürger*innen Hessens, genau dies allerdings fordern, scheint bei CDU und SPD nicht angekommen zu sein. Damit ist auch der Wunsch, ‘wichtige Infrastrukturprojekte in ihrer zügigen Realisierung nicht gefährden’ zu wollen, an Heuchelei kaum zu überbieten und ein Schlag ins Gesicht für diejenigen, die zivilgesellschaftliche Bedürfnisse mit viel Aufwand auf die parlamentarische Tagesordnung bringen möchten. Es braucht ein Hessen, das politische Teilhabe auf vielfältige Weise fördert und motiviert.”
Die speziellen Herausforderungen in Städten, Gemeinden und Landkreisen lassen sich besser angehen mit der Sach- und Kommunikationskompetenz aller engagierten Spezialisten. Gerade in der Kommunalpolitik kommt es auf eine unmittelbare Bürgernähe und Verwurzelung der Politik in der Bevölkerung an.