Europäische Politik für eine handlungsfähige EU
Spätestens seit Beginn des völkerrechtswidrigen Angriffskriegs Russlands gegen die Ukraine wird deutlich: Das europäische Friedens- und Wirtschaftsprojekt muss weiterentwickelt werden, um den Herausforderungen unserer Zeit entgegentreten zu können. Dafür braucht es jetzt eine gemeinsame Außenpolitik, eine Energie-Union und erste, nachhaltige Schritte in Richtung EU-Armee.
Nach 365 Tagen: Die Zukunft der Ukraine muss in Europa liegen
Ein Jahr nach nach dem Beginn des großflächige russischen Angriffskriegs auf die Ukraine zeigen Volts Europaabgeordneter Damian Boeselager, Anastasiia Vozovych von Volt in der Ukraine und die Volt Europa Vorsitzenden Francesca Romana D’Antuono und Reinier van Lanschot in diesem Meinungsbeitrag weshalb die Zukunft der Ukraine in Europa liegt. (watson, 24.02.2023)
Gemeinsame Außenpolitik
Unsere Forderung: Die Vertretungen des Europäischen Auswärtigen Dienstes (EADS) sollen auf der ganzen Welt in offizielle EU-Botschaften umgewandelt werden. So kann das Gewicht der EU bei diplomatischen Missionen genutzt werden. Die EU soll außerdem die ausschließliche Zuständigkeit für Außenpolitik erhalten. Die Handelspolitik zeigt eindeutig, dass die EU sehr viel mächtiger ist und zum Wohle aller Mitglieder besser handeln kann, wenn sie geschlossen mit einer Stimme spricht, statt mit 27 einzelnen Partikularinteressen.
Außerdem fordern wir die Aufhebung des Vetorechts im UN-Sicherheitsrat bei Menschenrechtsverletzungen und in humanitären Notlagen. Dieser Schritt wird von vielen Ländern bereits unterstützt und wäre eine kurzfristige Reform des Sicherheitsrates, solange langfristige Reformen ausbleiben. Das Veto für einige wenige Länder ist ein Relikt der Nachkriegszeit des Zweiten Weltkriegs und wird aktuell von Russland (bei Zeiten aber auch von anderen Veto-Mächten) ausgenutzt und widerspricht zutiefst dem demokratischen Prinzip.
Europäische Armee
Die gesammelten Streitkräfte der 27 EU Mitglieder zählen beinahe 2 Mio. Soldat*innen. Durch die Vereinheitlichung der nationalen Armeen wäre die EU in der Lage, selbst für ihre Sicherheit zu sorgen, ihre Interessen in der Welt mit der nötigen Glaubwürdigkeit auch gegenüber Großmächten wie China zu vertreten und besser für globale Stabilität zu sorgen. Und das alles ohne einen Euro an Mehrausgaben, sondern mit den bestehenden Etats der Länder.
In einem ersten Schritt zur EU-Armee muss eine gemeinsame Wehrbeschaffung etabliert werden. Die kürzlich beschlossene Modernisierung der Bundeswehr muss im Rahmen gemeinsamer europäischer Beschaffungsmaßnahmen getroffen werden, um einer Verschwendung von Milliardensummen vorzubeugen. Eine gemeinsame europäische Beschaffung kann dagegen Milliardensummen einsparen. Manche Projekte, wie der Eurofighter, würden dadurch überhaupt erst ermöglicht.
Durch eine europäische Armee wäre der innereuropäische Friede in einer nie dagewesenen Weise zementiert und die Union damit einer Staatlichkeit einen großen Schritt näher.
Energiesicherheit
Seit Kriegsbeginn sind 35 Milliarden Euro aus der EU an Russland für Energieimporte geflossen (Stand 06.04.2022, Quelle: Tagesschau). Auch Deutschland finanziert den Angriffskrieg auf die Ukraine indirekt mit mehreren Milliarden Euro im Monat.
Deshalb müssen wir uns von Energieimporten aus Nicht-EU-Ländern freimachen. Dafür müssen wir auf der einen Seite den Ausbau der erneuerbaren Energien massiv vorantreiben und auf der anderen Seite das Energiesparen auf allen Ebenen fördern.
Dies können wir z.B. durch ein Tempolimit erreichen. Zudem sollten klimaschädliche Subventionen gestrichen und diese Mittel in klimafreundliche und energiesparende Technologie fließen. Wir streben eine gesamteuropäische Energiestrategie an, die die CO2-Neutralität bis 2035 priorisiert, z.B. durch die Schaffung eines gesamteuropäischen Stromnetzes.
Kurzfristig fordern wir zudem ein umfassendes Energie Embargo. Dass der vollständige Verzicht auf russisches Gas noch 2022 möglich ist, bestätigt die aktuelle Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung. Es liegt auf der Hand, dass die Abhängigkeit von russischem Gas sehr hoch und die Importe kurzfristig schwer zu ersetzen sind. Würde jedoch gerade russisches Öl und Gas von der EU sanktioniert werden, könnte das die Handlungsfähigkeit des russischen Staates spürbar einschränken. Die EU muss für ihre Werte einstehen, den Frieden in der Ukraine priorisieren und sich in Fragen der Energiesicherheit gegenseitig unterstützen.