Integration und Chancengleichheit: Volts Antworten für Potsdam
Unsere Antworten auf die Wahlprüfsteine des Migrantenbeirats: Erfahre, wie wir die Unterbringung von Geflüchteten, berufliche Chancen für Migrant*innen und soziale Arbeit an Schulen verbessern wollen. Volt Potsdam steht für eine Stadt, in der jeder Mensch willkommen ist und kulturelle Vielfalt gefördert wird.
1. Welche Vorstellungen hat Ihre Organisation / Partei zur Unterbringung geflüchteter Menschen in Potsdam (wie zum Beispiel Wohnformen, Verteilung im Stadtgebiet, etc.)?
Unsere Idee für Europa sieht vor, dass jedem Menschen unabhängig von der Herkunft dieselben Chancen zustehen, dazu gehört auch die Bleibe- und Zukunftsperspektive.
Eine Fluchterfahrung ist erstmal absolut ernstzunehmen. Um überhaupt ankommen zu können, braucht es sofortige Unterstützung durch die Stadt und Sozialabeiter*innen; aber auch eine eigene Wohnung. Sie dient als sicherer Rückzugsort und sorgt für Stabilität. Wir sehen deshalb die schnellstmögliche dezentrale Unterbringung, ohne Diskriminierung und mit Mitentscheidungsrecht, als einzige langfristige und humane Lösung an.
Um das möglich zu machen, sollen zunächst die kommunalen Wohnungsbaugesellschaften gestärkt werden. Wir orientieren uns aber auch an der Stadt Greifswald: So sollen ebenso viele Wohnungen für diesen Zweck saniert und finanzielle Anreize für private und gewerbliche Eigentümer*innen angeboten werden.
2. Wie planen Sie, die beruflichen Chancen für Migrant*innen in Potsdam zu fördern?
Wir stehen hinter dem Gedanken, dass besonders geflüchteten Migrant*innen zunächst die angemessene Zeit gegeben wird, sich in unserer Gesellschaft einzufinden und die Sprache zu erlernen. Es darf niemand in prekäre Arbeitsverhältnisse gezwungen werden.
Im Moment beobachten wir, wie populistische Vorstöße auf nationaler oder europäischer Ebene auch unseren kommunalen Handlungsraum beeinträchtigen. Es wird über Zwangsarbeit und Bezahlkarten für Asylbewerber*innen gesprochen, während man ihnen zugleich den Zugang zum Arbeitsmarkt verwehrt. Wir sehen darin eine sehr gefährliche Entwicklung.
Deshalb fordert Volt auf allen nationalen Ebenen und im Europäischen Parlament, dass man ein System schafft, um ausländische Qualifikationen schneller und zuverlässiger anzuerkennen. Wir schlagen außerdem ein “EU Job-Tinder” vor, welches zur Vermittlung von Fachkräften sowohl zwischen Mitglieds- als auch Drittstaaten dienen soll.
Besonders in der informellen Bildung, im zivilen Engagement und in Praktika sehen wir viele ungenutzte Möglichkeiten zur gelungenen Integration. Es wäre denkbar, dass wir ein solches Vermittlungs- und Unterstützungsangebot auch auf kommunaler Ebene schaffen.
3. Wie positioniert sich Ihre Partei zum Ausbau der Angebote Sozialer Arbeit an Schulen?
Das Schulsystem muss sich als gesellschaftlicher Knotenpunkt verstehen. Es liegt uns sehr am Herzen, dass die Stadt Potsdam sich auch für das seelische Wohlbefinden der Schüler*innen verantwortlich fühlt und entsprechende Angebote schafft.
Unsere Forderung an die Bildung ist weitgehend und umschließt multidisziplinäre Teams von Erzieher*innen, Sozialpädagog*innen, Logopäd*innen, Motopäd*innen, Psycholog*innen und Sozialarbeiter*innen. Es soll ein solcher Fachkräftepool gegründet werden, der allen Potsdamer Schulen dient und die vorhandenen Lehrkräfte unterstützt.
Außerdem steht Volt Potsdam für mehr Gesamt- und Modellschulen ein, um individuelle Bildung weiter zu fördern und der gesellschaftlichen Spaltung entgegenzuwirken.
In unserem Wahlprogramm führen wir konkrete Lösungsansätze diesbezüglich aus.
4. Wie will Ihre Partei oder Wählergruppe die Bearbeitungszeiten in der Einbürgerungsbehörde und ABH verkürzen?
Wir unterstützen die Forderung nach einer “Wilkommensbehörde”, die sowohl kulturell als auch strukturell einen großen Wert darauf legt, die Menschen in unserer Stadt zu empfangen.
Inzwischen steht unsere Welt in so einem enormen Wandel, dass unsere Institutionen dringend gestärkt werden müssen. Es sollte dabei nicht darum gehen, maßgeschneiderte Lösungen anzubieten, sondern Hürden abzubauen und mehr Flexibilität anzubieten.
Ein großer Teil davon ist die digitale Verwaltung. Um in der Neuzeit anzukommen, müssen wir unsere Systeme endlich umstellen und viele Leistungen auch im Internet anbieten. Wir erhoffen uns dadurch, weitere Kapazitäten in der Verwaltung zu schaffen.
Was dann immer noch nicht digital möglich sein sollte, kann personell aufgestockt werden.
5. Welche Initiativen werden Sie ergreifen, um Diskriminierung und Rassismus gegenüber Migranten zu bekämpfen?
Einerseits glauben wir an das Modell des interkulturellen Dialogs und wollen die bestehenden Initiativen beibehalten, sowie weitere Bestrebungen fördern. Es gilt besonders, weitere Angebote für junge Menschen zu schaffen, um gegenseitiges Verständnis zu entwickeln.
Wo möglich soll die frühkindliche Bildung mit zweisprachiger Erziehung erfolgen; es soll das europäische Schulmodell nach Potsdam geholt werden; und ERASMUS+ soll weiterhin unsere Stadtgemeinschaft bereichern. Außerdem sollen unsere Städtepartnerschaften aktiver werden, indem wir die Bürger*innen zu regelmäßigen Reisen und Treffen einladen.
Andererseits muss die Stadt auch eine Transparenz und Statistik über die Diskriminierung und den Rassismus schaffen. In der Forderung nach einer unabhängigen Beschwerdestelle sehen wir somit auch eine Chance, diese Kommunikation voranzutreiben.
6. Durch welche Maßnahmen möchten Sie die kulturelle Vielfalt in Potsdam fördern?
Wir möchten mehr städtische Mittel für zivilgesellschaftliche Initiativen bereitstellen, die sich um kulturelle Vielfalt und demokratische Teilhabe bemühen. Es soll mehr finanzielle Unterstützung geben, frei verfügbare Räumlichkeiten und ideelle Förderung geben.
Es ist besonders wichtig, dass ein solches Angebot von jedem Menschen in unserer Stadt genutzt werden kann. Wir wollen die Eigeninitiative fördern. Deshalb sind diese Lösungen so niedrigschwellig und unbürokratisch wie möglich umzusetzen.
Außerdem sehen wir unsere vielfältigen Städtepartnerschaften als eine große Bereicherung auch für unsere Bürger*innen, in welchen noch großes Potenzial steckt. Wir möchten diese einerseits erweitern, aber auch mehr verwirklichen: mit kulturellen Austauschprogrammen, wirtschaftlichen Kooperationen und internationalem Wissenstransfer.
7. Befürworten Sie, dass die Stadt Potsdam zusätzlich zu ihrer Aufnahmeverpflichtung Menschen aufnimmt, die besonderer Verfolgung oder Gefahr ausgesetzt sind (z.B. aus Seenot gerettete Menschen, Deserteure aus Kriegsgebieten, verfolgte Minderheiten)?
Volt Potsdam stellt sich voll und ganz hinter die Forderungen von Seebrücke:
Die zusätzliche Aufnahme von geflüchteten Menschen; unabhängig von bestehenden Aufnahmeverpflichtungen oder Quoten,
Unterbringung Geflüchteter in Wohnungen, statt Sammlungsunterkünfte oder einer Gebührenneuordnung mit finanziellem Risiko für Bewohner*innen,
Verhindern des Sachleistungsprinzips mit Bezahlkarte sowie der Zwangsarbeit für Asylbewerber*innen,
Öffentliche Kritik an der Reform des gemeinsamen Europäischen Asylsystems (GEAS),
Öffentliches Statement gegen die Kriminalisierung der Seenotrettung,
Weiterführung der Patenschaft mit “Sea-Eye,”
den “Sicheren Hafen” öffentlichkeitswirksam zu verteidigen.
Alle Menschen sind in unserer Stadt herzlich willkommen. Die Potsdamer Politik ist dazu verpflichtet, diese Wertvorstellung vorzuleben und zu verteidigen.
8. Wie werden Sie sicherstellen, dass die Stimmen und Anliegen der Migrant*innen in Potsdam stärker gehört und berücksichtigt werden?
Die gesellschaftliche Teilhabe beginnt für uns mit dem Mitbestimmungsrecht. Wir sehen, dass der Migrantenbereit als wichtiges politisches Gremium dazu beiträgt.
Wir fordern aus diesem Grund, dass der Migrantenbeirat nach Möglichkeit auch noch weitere Befugnisse erhält, wie z.B. ein eigenes Budget zu führen oder das Initiativrecht in der Stadtverordnetenversammlung zu nutzen. Er sollte politisch unabhängig agieren können und gewissenhaft die Interessen der Menschen mit Migrationsgeschichte vertreten können.
Mit politischer Teilhabe sehen wir auch die Möglichkeiten zur Integration gestärkt; und durch die demokratische Wahl des Beirats können sich die Menschen vertreten sehen.
9. Kandidieren für Ihre Partei Menschen mit Migrationshintergrund? (Bitte mit Namen, Wahlkreis und Listenplatz angeben)
Während wir auf kommunaler Ebene nur mit ausländischen Mitgliedern ohne Wahlberechtigung zusammenarbeiten (aus Polen, Ukraine und Türkei), sind wir stolz auf die Kandidatur unseres Parteikollegens Osama Kezzo, der für Volt Dachau zu den europäischen Wahlen antritt.
Osama ist 2016 als syrischer Geflüchteter nach Deutschland gekommen und engagiert sich für die Abschaffung des GEAS. “Mit der Hoffnung auf eine Zukunft, in der Asylsuchende nicht mehr als Last, sondern als bereichernder Teil unserer Gesellschaft gesehen werden.”